Die Abwehr der steuerlichen Haftung
In der Abgabenordnung sind einige Tatbestände geregelt, die eine Haftung speziell für fremde Steuerschulden auslösen können. In der Praxis sind hiervon häufig GmbH-Geschäftsführer betroffen, welche über den Erlass von Haftungsbescheiden zur Tilgung von GmbH-Steuerschulden herangezogen werden.
Die gesetzlichen Vertreter haften aber nur dann, wenn sie die ihnen obliegenden steuerlichen Pflichten grob fahrlässig verletzt haben. Derartige Pflichtverletzungen können in der Abgabe unrichtiger oder verspäteter Steuerklärungen für die GmbH oder aber in der verspäteten Abführung von Steuern bestehen. Im Falle der Nichtabführung von Steuern ist aber dann kein Raum für eine Haftung, wenn der GmbH von vorne herein keine ausreichenden Mittel zur Verfügung standen, um die Steuern zu bezahlen. Das Finanzamt kann nur eine anteilige Tilgung verlangen, weil es den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung beachten muss. Anders ist es allerdings bei der Lohnsteuer, weil die GmbH bei deren Einbehaltung eine Treuhänderfunktion für die Arbeitnehmer ausübt. Die Lohnsteuer genießt daher gegenüber den sonstigen (Steuer-)schulden der GmbH einen Vorrang. Bei der Abgabe unrichtiger Erklärungen (bzw. der Nichtabgabe) von Steuererklärungen reicht es zur Begründung einer Haftung aus, wenn dem Finanzamt aufgrund der Verzögerung mit der korrekten Steuerfestsetzung eine aussichtsreiche Vollstreckungsmöglichkeit entgangen ist.
Bei mehreren Geschäftsführern zählt das Argument, man selber sei nicht für die Steuerangelegenheiten zuständig gewesen, grundsätzlich nicht. Allerdings kann die interne Geschäftsverteilung und Zuweisung der steuerlichen Aufgaben an einen der Geschäftsführer zu einem Wegfall der groben Fahrlässigkeit und damit der Haftung führen. Diese Arbeitsteilung muss jedoch formell beschlossen sein, z.B. in einer Geschäftsordnung. Aus dem Grundsatz der Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer folgt außerdem, dass die anderen Geschäftsführer den für die steuerlichen Angelegenheiten zuständigen Geschäftsführer überwachen müssen. Ein ähnlicher Maßstab gilt auch, wenn die GmbH-Geschäftsführung einen Steuerberater mit der Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten beauftragt hat. Verletzt dieser seine Pflichten z.B. durch die Fertigung einer unrichtigen Steuererklärung oder eine falsche Würdigung der Sachlage, entfällt daher ein Verschulden der Geschäftsführung nur dann, wenn sie den Steuerberater ausreichend überwacht hat.
Auf mangelndes Verschulden kann sich der Geschäftsführer schließlich auch berufen, wenn er im Fall steuerrechtlich nicht einfacher Erwägungen die falschen Schlüsse zieht.
Sollte der Haftungstatbestand erfüllt sein, bedeutet das aber noch nicht, dass der GmbH-Geschäftsführer immer zwingend in Anspruch genommen werden müsste. Vielmehr liegt diese Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamtes. Dessen Abwägung ist gerichtlich nachprüfbar, und deshalb muss das Finanzamt darlegen, warum der Erlass des Haftungsbescheides im Interesse einer Sicherung des Steueraufkommens geboten ist. Eine formelhafte Wiederholung des gesetzlichen Tatbestandes (also: Pflichtverletzung und Verschulden) lässt keine Rückschlüsse darauf zu, dass das Finanzamt von seinem Ermessen in Pflichtgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat.
Anlässe für eine gerichtliche Überprüfung des Haftungsbescheides können z.B. sein: Mitverschulden des Finanzamtes am Steuerausfall, Erlass der Steuerschuld gegenüber dem Hauptschuldner, das Übersehen weiterer potentieller Haftungsschuldner, Haftungsfreistellung des für steuerliche Angelegenheiten zuständigen Geschäftsführers, usw..
Neben den Einwendungen gegen die Haftung als solche kann der Haftungsschuldner auch geltend machen, dass die Steuerschuld dem Grunde nach oder der Höhe nach nicht mehr bestehe. Schließlich kann dem Haftungsbescheid eine evt. Festsetzungsverjährung entgegengehalten werden.
Die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ist im übrigen immer auf den Betrag beschränkt, den die Finanzbehörde vom Hauptschuldner aufgrund der Pflichtverletzung des GmbH-Geschäftsführers nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder ohne Rechtsgrund erstattet hat. Diese Summe muss nicht mit der Gesamtsteuerschuld identisch sein, sondern kann auch einen Teilbetrag ausmachen.